„Meditation“ ist ein sehr weiter Begriff, der die unterschiedlichsten Praktiken unterschiedlicher kontemplativer Traditionen umfasst.
Was hier vermittelt wird, ist eine Praxis und ein Weg, die aus der früh-buddhistischen Lehre überliefert sind.
Die Meditations-Praxis hat sowohl einen Sammlungs- als auch einen Weisheitsaspekt von Einsicht in die Zusammenhänge und Bedingungen unseres Erlebens. Die Begriffe dafür sind „Samatha“-Meditation, die den Sammlungsaspekt der Übungen betont und „Vipassana“-Meditation, die eigentlich die Frucht des gesammelten Geistes beschreibt: einen Klarblick auf unser Erleben und dadurch eine unmittelbare, intuitive Einsicht in die grundlegenden Merkmale menschlichen Daseins und aller Phänomene. Die Praxis der Geistessammlung und der Einsicht wirken zusammen wie die beiden Seiten einer Hand.
Ajahn Chah, der die thailändische Waldklostertradition wiederbelebt und besonders für westliche Menschen zugänglich gemacht hat, soll gefragt worden sein, wieviel Sammlung es denn brauche, um Einsicht in die Daseinsmerkmale zu erlangen? Seine Antwort war auf seine typische Art knapp: „Genug“.
Die Anleitungen, von denen wir in den früh-buddhistischen Schriften lesen können, sprechen nicht von „Meditation“ (dieser Begriff entstand sehr viel später in anderen kontemplativen Traditionen), sondern von “Geistesschulung“, oder „Geistesentfaltung“ oder wie der ursprüngliche Pali-Begriff „bhavana“, der dafür verwendet wurde, wörtlich übersetzt werden kann, von „ins-Dasein-rufen“ oder „Kultivieren“.
Der „Erwachte“, was der Begriff „Buddha“ bedeutet, hat einen Weg aufgezeigt, der Verstrickung und Leid, die mit menschlichen Bedingungen verbunden sind, zu lösen und überwinden hilft. Wir alle sind mehr oder weniger in Kräfte von Verlangen, Abwehr und Verwirrung verstrickt, die viel Leid und Schmerz in uns und den Umständen unseres Daseins verursachen. Selbst wenn es uns selbst einigermaßen gut geht, können wir uns vor dem Leid in der Welt nicht abschotten. Oder anders, wenn wir versuchen, uns vor Leid zu verschließen, schließen wir auch lebendiges Leben aus, was wiederum leidvoll ist.
Der Weg, den der Buddha aufgezeigt hat, wird in formaler Praxis vorbereitet, indem wir in der Stille mit gesammeltem Geist die Verstrickungen des Herzens klarer erkennen lernen. Doch es geht vor allem darum, diese Erkenntnisse im alltäglichen Leben fruchtbar werden zu lassen in unserem Denken, Sprechen, Handeln und Verhalten. Dies ist ein lebenslanger Prozess von Lernen und Wachstum, um das wir uns bemühen können, welches wir jedoch nicht „machen“, sondern nur „ins Dasein rufen“ können. Wie beim Gärtnern können wir nur für günstige Bedingungen im eigenen Herzen sorgen, und den Samen unserer heilsamen Absicht mit diesen Bedingungen nähren, aber ob und in welchem Ausmaß es sich öffnet, klärt und wächst, haben wir oft nicht in der Hand.
Die wichtigste Grundlage für ein friedvolles Herz ist eine ethische Ausrichtung und Absicht, nicht zu schaden und ein Klima von Vertrauen und Sicherheit zu unterstützen. Dies ist auch für uns selbst der beste Schutz. Anders als im christlichen Kontext geht es hierbei aber nicht um festgelegte Gebote und es gibt auch nicht die Vorstellung von Sünde und Absolution, sondern um situationsbezogene Unterscheidung, was heilsam ist und was nicht. Es ist eine Übung, sich immer wieder an diesen Absichten neu auszurichten und beim Scheitern daraus zu lernen – ein Prozess ständiger innerer Auseinandersetzung.
Beide, die regelmäßige formale Meditationspraxis mit ihren Früchten von Sammlung, Achtsamkeit und Einsicht und die im alltäglichen Leben verkörperten heilsamen Qualitäten wie Mitgefühl, Freude und Gleichmut bedingen und unterstützen sich gegenseitig auf fruchtbare Weise. So entwickeln sich im Verlauf des Weges mehr und mehr Weisheit und Einsicht in die Daseinsmerkmale aller Phänomene, als Voraussetzung, auch im Alltag den Herausforderungen des Lebens mit mehr Gelassenheit und Leichtigkeit begegnen zu können. Die Vision eines völlig von Reaktivität befreiten Herzens ist das höchste Potential eines wahrhaft menschlichen Lebens.
Gunaratana, Bhante Henepola: Die Praxis der Achtsamkeit, Werner Kristkeitz Verlag, 1996
Eine Einführung in die Vipassana-Meditation. Originaltitel „Mindfulness in Plain English“, ein Standard- und Grundlagenwerk mit Betonung der ursprünglichen Absicht bei Meditation, die Schleier von Täuschung und Verzerrung zu lüften, durch die wir normalerweise die Welt sehen und so „das Gesicht der letztlichen Wirklichkeit zu enthüllen“.
Goldstein, Joseph: Vipassana Meditation , Arbor Verlag, 3. Auflage, 2009
Einer der führenden Vertreter des westlichen Buddhismus, beschreibt die Praxis der Achtsamkeit auf eine klare und im täglichen Leben anwendbare Weise. „Die Praxis der Freiheit“ lautet der Untertitel des Buches, das einerseits die traditionellen Wurzeln unverwässert durchscheinen lässt, andererseits Themen der Praktizierenden in der westlichen Welt aufgreift. ( z.B. Selbstwertmangel, Psychotherapie und Meditation). Für alle, die ihr Leben durch die Praxis der Achtsamkeit vertiefen und erweitern wollen.
Weitere Bücher vom Autor: Ein Dhamma, Buddhismus im Alltag
Seifarth, Renate: Buddha at home, Nymphenburger Verlag 2014, gebunden, mit Übungs-CD
Die erfahrene Meditationslehrerin führt mit systematisch aufgebauten Meditationsübungen durch ein Retreat zuhause, das alltagsbegleitend oder auch als Auszeit durchgeführt werden kann. Das Buch eignet sich für alle, die ernsthaft meditieren lernen wollen oder auch Geübte, die Meditation im Alltag verankern möchten.
Mannschatz,Marie: Buddhas Anleitung zum Glücklichsein, GU-Ratgeber, 2007
Eine Schatztruhe an Anleitungen und Übungen zum Umgang mit Hindernissen in der Meditationspraxis und im Leben.
Beck, Charlotte Joko, Zen im Alltag, Goldmann, 2011 , Taschenbuch
Eine Sammlung von Vorträgen der 2011 verstorbenen amerikanische Zen-lehrerin, die einfach und treffsicher eine alltagstaugliche Zenpraxis lehrt. „..Zen als Einstellung, die unsere Beziehungen und die Qualität unserer Arbeit verbessert…“ (Text auf dem Buchrücken)
Batchelor, Stephen: Buddhismus für Ungläubige. Frankfurt. Fischer Taschenbuch 1998.
Es ist ein Standardwerk des sogenannten „Säkularen Buddhismus“, als dessen Vertreter S. Batchelor sich versteht. Er interpretiert als ehemaliger Mönch des tibetischen und des koreanischen Zen-Buddhismus die Lehren des Buddha für unsere aufgeklärte Welt auf neue Weise und fordert auf, sie nicht als Glaubenssystem zu verstehen sondern als Handlungs-Aufforderung: das eigene Verhalten in der Welt daran auszurichten, was wir erfahren und erkennen können und zu unterscheiden, was heilsam ist und was nicht. Er ermutigt somit dazu, auf diesem Weg zu unserem vollen Potential als Menschen zu „erwachen“.
Von Allmen, Fred: Buddhismus: Lehren – Praxis – Meditation. Theseusverlag, 2010, gebundenes Buch.
Basierend auf seiner eigenen langjährigen Erfahrung als buddhistischer Meditationslehrer hat Fred von Allmen ein umfassendes Standardwerk zu zentralen Aspekten der buddhistischen Lehre und Praxis verfasst. Das Buch bietet einen Überblick über: – die Entstehung, Entwicklung und Ausbreitung des Buddhismus in Asien – seine Ausformungen und Zukunftschancen im Westen – die zentralen buddhistischen Lehren und ihre Praxis – Grundprinzipien der Meditationspraxis – die Eigenheiten und Gemeinsamkeiten der verschiedenen buddhistischen Schulrichtungen. Fred von Allmen geht es nicht um eine akademische Abhandlung, sondern er zeigt, Buddhismus als einen konkreten Weg der Befreiung und vermittelt das praktische Rüstzeug, diesen Weg erfolgreich zu gehen.
Bhikkhu Anālayo: Der direkte Weg – Satipatthāna, Beyerlein & Steinschulte, 2010, Taschenbuch.
Der deutschsprachige Autor, ein buddhistischer Gelehrter und Praktizierender, präsentiert hier ein tiefgründiges, aber klar verständliches Werk, das die Grundlagen der Achtsamkeit nach vergleichendem Studium verschiedener Lehrtexte des frühen Buddhismus praxisnah erläutert. Es ist eine Synthese aus Gelehrsamkeit und Praxis, für Studierende des frühen Buddhismus als auch für ernsthaft Praktizierende gleichermaßen ein Schatz. Es lässt verschiedenen Implikationen Raum und ermuntert zu eigenem Erforschen auf Tauglichkeit, ohne den einen oder anderen Praxisansatz zu bevorzugen.